Autodiebstahl: Wie sicher ist Ihr Autoschlüssel?
Noch immer sind nur wenige Autos gegen Manipulationen rund um Keyless-Go-Systeme geschützt. "Das Problem ist bekannt, doch viele Hersteller sorgen seit Jahren nicht für Abhilfe“, mahnt der ADAC. Und rät, beim Autokauf lieber auf das unsichere Ausstattungsdetail zu verzichten.
Das Verbrechen geschieht in Sekunden. Lautlos. Und es hinterlässt keine Spuren. Wie von Zauberhand öffnet sich das am Straßenrand geparkte Auto – obwohl der Schlüssel trocken und sicher in der Wohnung des Fahrzeugbesitzers liegt. Der Dieb braucht nur einzusteigen und den Startknopf zu drücken. Das Autos springt an, der Wagen ist weg.
Vorbei die Zeiten, in denen Autodiebe das Objekt der Begierde mit roher Gewalt in ihren Besitz brachten. Um heute auch hochpreisige Autos zu klauen, muss oft weder eine Scheibe eingeschlagen oder mit Werkzeugen an den Türen hantiert werden. Autos mit Keyless-Komfort-Schließsystemen seien deutlich leichter zu stehlen als Fahrzeuge mit normalem Funkschlüssel, warnt der ADAC.
Das Prinzip Keyless go – "schlüsselloser Zugang“ – ist eigentlich eine gute Idee für mehr Komfort: Der mit Elektronik vollgestopfte Schlüssel merkt, wenn sich der Autonutzer dem Fahrzeug nähert und öffnet automatisch die Türen. Dafür kann der eigentliche Schlüssel in Form eines kleinen Kunststoff-Geräts sogar in der Hosen- oder Manteltasche bleiben. Soweit die Theorie. In der Praxis lassen sich viele Systeme austricksen. Dafür braucht man zwei Leute und eine kleine Vorrichtung, mit deren Hilfe sich die elektronischen Signale, die zwischen Auto und Schlüssel hin- und hergehen, verlängern lassen. "Kundige Menschen können sich solche Geräte für weniger als 100 Euro mit Teilen aus dem Elektronikmarkt zusammenbauen“, sagt Melanie Mikulla, Pressesprecherin beim ADAC in München.
Ein Dieb muss sich dann nur in der Nähe des Schlüssels aufhalten und mit seinem Gerät die Signale bis zum Standort des Komplizen am Auto verlängern. Schon "denkt“ das Keyless-System, der rechtmäßige Eigentümer des Wagens nähere sich selbigem – und schaltet Türen und Zündung frei. Freie Fahrt. Stellen die Diebe auch beim Tanken nicht den Motor ab, können sie ohne Probleme große Strecken zurücklegen, auch bis ins Ausland.
Die Schlüssel-Schwachstelle ist seit 2011 bekannt
Diese Schwachstelle ist seit 2011 bekannt. Reagiert haben bisher zu wenige Hersteller. Der ADAC hat immer wieder getestet, welche Modelle mit elektronischen schlüssellosen Systemen sich von Langfingern manipulieren lassen. Das Ergebnis ist ernüchternd: Von mehr als 600 geprüften Autos sind fast 13 Jahre nach Aufdeckung des Problems nur etwa acht Prozent besser vor Diebstahl geschützt. Die komplette ADAC-Liste der getesteten Modelle finden Sie hier. Vorreiter für besseren Schutz war der Hersteller Jaguar Land Rover, der seine Modelle seit 2018 mit fortschrittlicher Schlüssel-Technologie ausstattet.
Die Beste ist derzeit der Einsatz der "Ultra-Wide-Band“-Technik in Computerchips. Durch die Berechnung von Signal-Laufzeiten kann, vereinfacht ausgedrückt, exakt ermittelt werden, wo sich Schüssel und Auto befinden. Signalverlängerer funktionieren nicht mehr.
"Es ist verwunderlich, dass auch Hersteller von Premiumprodukten diese Technik nicht häufiger verwenden“, sagt Melanie Mikulla vom ADAC. "Volkswagen setzt die Technik beispielsweise bei einem eher preissensiblen Fahrzeug wie dem Golf 8 ein. Die Kosten dürften daher nicht so hoch sein, dass diese Technik nicht in viel mehr Modellen verbaut werden könnte.“
Alternativ setzen manche Hersteller auf einen Bewegungssensor im Schlüssel. Bewegt sich der Schlüssel für eine gewisse Zeit nicht mehr, wird das Signal abgestellt. "Wichtig ist hierbei, dass der Sensor frühzeitig abschaltet, damit die gewünschte Schutzwirkung auch eintritt“, so Mikulla. Ihr Verband rät Autokäufern, im Zweifelsfall lieber ganz auf Keyless-Go und das Extra an Komfort zu verzichten – für mehr Sicherheit.
Autodiebstahl: Die Teilkasko zahlt auch bei Schlüssel-Manipulationen
Wie viele Autodiebstähle durch den Keyless-Trick begangen werden, wird statistisch nicht erfasst. Fest steht: 2022 wurden nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft mehr als 12.000 kaskoversicherte Autos gestohlen. Die Versicherer zahlten dafür fast 249 Millionen Euro. Dazu kamen allein 2021 etwa 54.000 Fälle, in denen Navigationsgeräte, Airbags oder Autoradios aus dem Auto gestohlen wurde – wofür 2021 noch einmal mehr als 97 Millionen Euro von den Versicherungen gezahlt wurden.Porsche Macan FS
Und im Ernstfall? Kommt die Versicherung dafür auf, wenn über einen geknackten Funkschlüssel das Auto geklaut wurde? Ja! Bei einem Diebstahl zahlt die Kfz-Teilkaskoversicherung – egal, auf welchem Weg das Auto aufgebrochen wurde. Fehlt nicht das ganze Auto, sondern nur Teile wie etwa das Navi, wird das ebenfalls über die Teilkasko geregelt. Was nicht fest mit dem Auto verbaut ist – etwa ein Handy – ist hingegen nicht abgesichert.
Bisher behelfen sich Menschen, die um die Sicherheit ihres Autos besorgt sind, mit den seltsamsten Tricks: Sie wickeln den Keyless-Schlüssel daheim zur Abschirmung in Alufolie, Metalldosen oder gar Kochtöpfe – oder legen ihn in den Kühlschrank, um die Funksignale nicht nach außen dringen zu lassen. Sicher sind diese Methoden nicht. Dafür macht bei den Temperaturen im Kühlschrank die Batterie im Schlüssel eher schlapp...