EU-Militäreinsatz: Der gefährlichste Einsatz ihre Geschichte: Was die deutsche Marine im Roten Meer erwartet
Ein deutsches Kriegsschiff macht sich auf den Weg zum Roten Meer. Dort soll es Huthi-Angriffe auf Handelsschiffe verhindern. Kann das gut gehen?
Die EU-Staaten haben den geplanten Militäreinsatz zur Sicherung der Handelsschifffahrt im Roten Meer beschlossen. Mit der Entscheidung vom Donnerstag werden der Auftrag und der Sitz des Hauptquartiers für die Operation Aspides festgelegt, wie die Deutsche Presse-Agentur von Diplomaten in Brüssel erfuhr.
Worum geht es bei dem Einsatz im Roten Meer?
Bereits seit Dezember versuchen Kriegsschiffe einer internationalen Koalition unter US-Führung, die Route entlang der jemenitischen Küste zu sichern. Die EU will sich mit der Mission "Aspides" anschließen, über die in Kürze die Vertreter der Mitgliedstaaten entscheiden dürften. Vorgesehen sind drei Kriegsschiffe mitsamt Begleitflugzeugen wie Hubschraubern und Drohnen. Diese sollen im Roten Meer Handelsschiffe vor Angriffen der militant-islamistischen Huthi aus dem Jemen schützen. Die Mission sieht keine Angriffe auf deren Stellungen an Land vor, wie es bei der Mission "Poseidon Archer" von Großbritannien und den USA der Fall ist.
Der formelle Beschluss zum Start der EU-Mission soll beim nächsten Außenministertreffen am 19. Februar fallen. Im Anschluss müsste der Bundestag die deutsche Beteiligung noch beschließen – dies könnte in der letzten Februar-Woche geschehen. Diplomatenkreisen zufolge wäre das Mandat zunächst auf ein Jahr befristet.PAID STERN 2019_48 Schiffe versenden_15.50
Warum ist der Einsatz notwendig?
Die Huthi-Miliz will mit dem Beschuss von Schiffen ein Ende der israelischen Angriffe im Gazastreifen erzwingen, die auf das beispiellose Massaker der islamistischen Hamas in Israel am 7. Oktober folgten. Angesichts der Gefahren meiden große Reedereien zunehmend die kürzeste Verbindung auf dem Seeweg zwischen Asien und Europa durch das Rote Meer und den Suezkanal. Dies hat mittlerweile erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Die USA und Großbritannien haben deswegen zuletzt Ziele der Huthi im Jemen angegriffen. Bei solchen proaktiven Einsätzen will die EU allerdings nicht mitmachen.
Welche Rolle spielt Deutschland?
Die Bundeswehr will sich mit der Fregatte "Hessen" an dem Einsatz im Roten Meer beteiligen. Sie ist eine von drei Fregatten der sogenannten Sachsen-Klasse, die unter anderem mit Flugabwehrraketen ausgerüstet und speziell für den Geleitschutz und die Seeraumkontrolle konzipiert wurde. Darunter ist auch das Flugbetriebsteam für zwei Bordhubschrauber vom Type Sea Lynx, deren Hauptaufgabe die Jagd auf U-Boote ist. Die Radaranlagen können in einem Radius von 400 Kilometern mehr als 1000 Ziele gleichzeitig erfassen. Ein Schiff dieser Klasse könnte laut Bundeswehr so etwa den Luftraum über der gesamten Nordsee überwachen. Ihre Waffensysteme können sowohl nahe Ziele auf bis zu zehn Kilometer Entfernung bekämpfen als auch Ziele in einer Entfernung von bis zu 160 Kilometern.Huthi Rotes Meer 7.30
Marine-Inspekteur Jan Christian Kaack sagte, die "Hessen" würde eine "Torwart-Funktion" bei der Begleitung von Handelsschiffen übernehmen, um etwa anfliegende Flugkörper abzufangen. Für die Deutsche Marine ist die Mission eine der gefährlichsten Einsätze in ihrer Geschichte. Es sei "der ernsthafteste Einsatz einer deutschen Marine-Einheit seit vielen Jahrzehnten", betonte er. Das Schiff mit rund 250 Soldatinnen und Soldaten an Bord lief dafür bereits am Donnerstag vom Marinestützpunkt in Wilhelmshaven in Richtung Rotes Meer aus.
Warum beteiligt sich Deutschland an der Mission?
Die Marine sei sich "sehr bewusst", dass das Schiff "in eine konkrete Gefährdung" hineinfahre, sagte Kaack. Für die Besatzung bedeute dies eine hohe psychische und physische Belastung. Das Schiff werde vor Ort "im sogenannten Kriegsmarsch" und damit in ständiger Alarmbereitschaft fahren.
Der Einsatz sei aber im deutschen Interesse. Denn dabei gehe es auch um die Sicherung der Versorgungs- und Handelswege auch der deutschen Industrie, betonte Kaak. Mit der Verlegung des Kriegsschiffes will die Bundeswehr die Voraussetzungen für eine deutsche Beteiligung an einem EU-Einsatz schaffen. Ein EU-Beschluss und ein Mandat des Bundestages stehen dafür noch aus – sie werden im Laufe des Februars erwartet. Die "Hessen" soll bis Ende des Monats in dem Einsatzgebiet ankommen.Angriffe auf Schiffe im Roten Meer: Reedereien meiden wichtige Handelsroute 13.56
Welche Herausforderungen sind zu erwarten?
Experten warnen vor Risiken im Roten Meer. "Bei der Operation Aspides ist die Eskalationsgefahr groß. Es ist eine Illusion, dass die Fregatte der Bundeswehr nicht unter Beschuss geraten wird und sich nicht verteidigen muss", sagte Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) der "Welt". "Das ist ein äußerst gefährlicher Einsatz für unsere Soldaten und Soldatinnen."
Zudem warnte Kaim davor, schnelle Erfolge zu erwarten. Niemand könne erwarten, dass die Huthi-Rebellen mit dem Beschuss westlicher Schiffe aufhören werden, erklärte er. Die Wahrscheinlichkeit sei gleich null. Meine die EU es ernst, müsse sie sehr viele Jahre in der Region bleiben und Schiffe schützen.