Blockade in der EU: Die FDP verspielt Vertrauen – nicht nur in Brüssel
Schon wieder positioniert sich die FDP gegen ein EU-Vorhaben und bremst damit die Ampelkoalition aus. Die Liberalen sollten es eigentlich besser wissen.
Und täglich grüßt das Murmeltier: Die kleinste der drei deutschen Regierungsparteien blockiert, mal wieder. Die EU will den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 durch LKW und Busse verringern, die Unterhändlerinnen und Unterhändler haben sich auf Grenzwerte geeinigt, nun stellt sich die FDP überraschend gegen das Vorhaben.
Innerhalb weniger Tage passiert das zum zweiten Mal. Auch dem EU-Lieferkettengesetz (das ebenfalls am Freitag zur Abstimmung steht) wird Deutschland nicht zustimmen können, weil die Liberalen Bedenken angemeldet haben. Stimmt ein Partner in der Koalition nicht zu, muss sich die Bundesregierung bei der Abstimmung auf EU-Ebene enthalten. Beim Verbrennerverbot und der Glyphosat-Entscheidung lief es ähnlich, auch die Zustimmung zu den KI-Gesetzen stand bis zum letzten Moment auf der Kippe.
Strack-Zimmermann Analyse 0830
Die FDP sollte sich keine Illusionen machen
Natürlich hat die FDP Argumente, warum sie von vielen EU-Vorhaben nicht begeistert ist. Das Lieferkettengesetz etwa sei "unpraktikabel für Unternehmen", erklärte Justizminister Marco Buschmann. Er nehme die "teils emotionale Debatte" wahr, doch solle man sich auf "sachliche Argumente" konzentrieren. Nur ist es so: Die EU-Gesetze werden vom Europaparlament und dem Ministerrat (der sich aus den Fachministerinnen und -ministern der Mitgliedsstaaten zusammensetzt) ausgehandelt. In diesem Fall hat Deutschland in Person von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) maßgeblich die Verhandlungen geprägt und dafür gesorgt, dass es zu einem Kompromiss kam. Nun muss sich ausgerechnet Deutschland am Ende doch enthalten.
So verspielt die Bundesregierung nicht nur Glaubwürdigkeit und Einfluss in Brüssel, das sogenannte "German vote" gibt es dort schon als eigenen Begriff. Auch die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland können angesichts dieses Schauspiels nur den Kopf schütteln. Können die noch was, außer streiten?
In der gegenwärtigen Situation ist das fatal: Die Regierung ist in der Krise, ihre Zustimmungswerte sind schlecht und die demokratischen Parteien sind unter Druck durch die Bedrohung vom extrem rechten Rand. Kanzler Olaf Scholz (SPD) rief deshalb erst kürzlich dazu auf, dass es nicht mehr so viel öffentlich ausgetragenen Streit zwischen den Koalitionspartnern geben dürfe – nun aber wirklich endlich mal! Der von der FDP zelebrierte EU-Hickhack allerdings ist das genaue Gegenteil davon. Auch die Liberalen selbst dürften davon am Ende nicht profitieren, da brauchen sie sich keine Illusionen zu machen.