Republikanischer Wahlkampf: DeSantis auf Talfahrt: Wie Floridas Gouverneur über sich und seine eigenen Leute stolpert
Ron DeSantis wollte Donald Trump die Präsidentschaftskandidatur streitig machen. Doch der ehrgeizige Gouverneur von Florida stolpert im Wahlkampf – über seine Gegnerin Nikki Haley, sich selbst und seine Unterstützer. Die zerlegen sich mitunter gegenseitig.
RonDeSantis wollte Donald Trump die Präsidentschaftskandidatur streitig machen. Doch der ehrgeizige Gouverneur von Florida stolpert im Wahlkampf – über seine Gegnerin Nikki Haley, sich selbst und seine Unterstützer. Die zerlegen sich mitunter gegenseitig.
"Never Back Down" – "weiche niemals zurück”, so der schmissige Name von Ron DeSantis' größter Lobbygruppe, seinem Super-PAC. PAC – das steht für Political Action Committee und meint eine Organisation, die für einen oder mehrere Kandidaten die Spendenbüchse schüttelt. Als sogenanntes "Super-PAC" ist "Never Back Down" dabei an weniger strikte Auflagen gebunden als ein "normaler" PAC. Die Gruppe darf theoretisch unbegrenzt Spenden von Einzelpersonen, Unternehmen und Gewerkschaften annehmen. So hat "Never Back Down" im Sommer rund 130 Millionen Dollar für DeSantis gesammelt. Nun aber hat der Leiter des Super-PACs gekündigt: Nach tagelangem Gezänk nimmt Chris Jankowski seinen Hut.
Der Abgang seines wichtigsten Spendeneintreibers zeigt, wie katastrophal es um DeSantis' Wahlkampf bestellt ist. Seit Januar hat Floridas erzkonservativer Gouverneur fast zwei Drittel seiner potenziellen Wähler eingebüßt. Schuld daran ist auf der einen Seite er selbst: DeSantis verrannte sich in einem anti-woken Kreuzzug, gab sich aus Angst vor der Missgunst seiner Anhänger Trump gegenüber kleinlaut und wirkte bei Wahlkampfauftritten mitunter wie seine eigene Wachsfigur.
Auf der anderen Seite herrscht in den Reihen seiner Unterstützer ein derartiges Maß an Uneinigkeit und Missgunst, dass sich die DeSantianer gegenseitig zerlegen. Doch wer den Thron erben will, braucht einen funktionierenden Hofstaat. Und genau der bricht der selbsternannten Trump-Alternative gerade weg. Das DeSantis-Dilemma 8.30
Super-PACs – jenseits der Spielregeln?
Sein Super-PAC "Never Back Down" verwaltet schon lange nicht mehr nur die Kasse: Die Organisatoren haben im Grunde DeSantis' gesamte Präsidentschaftskampagne übernommen – was gegen die Spielregeln ist. Zwar heißt es im Kleingedruckten der offiziellen Website:"Nicht von einem Kandidaten oder einem Kandidatenkomitee autorisiert." Dabei habe noch kein PAC zuvor derart viele Wahlkampffunktionen übernommen wie "Never Back Down", so der politische Analyst Ron Brownstein im CNN-Interview.
Umso tiefer lässt der Abgang des Geschäftsführers blicken. "In Anbetracht des aktuellen Umfelds ist es für mich unhaltbar geworden, das gemeinsame Ziel zu erreichen", so Chris Jankowski diese Woche in einer Erklärung. Die Spannungen gingen "weit über eine unterschiedliche strategische Meinung hinaus." Tatsächlich war Jankowskis Ende lediglich der Höhepunkt eines seit Wochen, vielleicht seit Monaten andauernden internen Machtkampfes. Und Chaos bei "Never Back Down" bedeutet Chaos für den gesamten Wahlkampf. Der Zeitpunkt für Hofintrigen könnte besser kaum sein. In nicht einmal zwei Monaten stehen die ersten republikanischen Vorwahlen in Iowa an.
Die DeSantianer beißen sich an Nikki Haley die Zähne aus
Medienberichten zufolge streiten sich die DeSantianer vor allem darüber, wie sie die in Umfragen immer dichter auffahreherankommende Konkurrentin Nikki Haley abschütteln können. Während DeSantis' Beliebtheitswerte in den vergangenen Monaten auf Talfahrt waren, mauserte sich die ehemalige Gouverneurin von South Carolina zur echten Alternative. Im Gegensatz zum roboterhaften, elitär wirkenden Floridianer schafft es die 51-jährige zusehends, sich als gemäßigte Alternative zu Trump zu präsentieren und unentschlossene Wähler aus der Mitte für sich zu begeistern. In TV-Duellen ist sie schlagfertig, bei Wahlkampfveranstaltungen nahbar. Sie macht einfach besseren Wahlkampf. Und Team Ron findet kein probates Gegenmittel. AKTUALISIERT: FS Republikaner die Präsident werden wollen ´0631
Nicht, dass man es nicht versucht hätte. Im so wichtigen Staat Iowa hatten zuletzt Werbespots für Aufsehen gesorgt, in denen Haley völlig zusammenhangslos mit der republikanischen Hassfigur Hillary Clinton verglichen wird. Dieses für US-Wahlkämpfe übliche Sticheln gegen die Konkurrenz, das sogenannte "Negative Campaigning", kam bei den Wählern jedoch nicht gut an. Die brachten die Hetze unschwer mit "Never Back Down" und damit mit DeSantis in Verbindung, dessen Beliebtheit weiter schmolz. Das PAC zog die Anzeigen alsbald zurück.
Dennoch soll "Never Back Down" eine Million Dollar an ein neues, von DeSantis-Vertrauten gegründetes Super-PAC namens "Fight Right" überwiesen haben, das mit dem Geld eigene Anti-Haley-Kampagnen ausstrahlen wollte. Experten sind sich weitgehend einig, dass "Fight Right" das Resultat interner Reibereien ist und dass DeSantis womöglich mit der "Never Back Down"-Führung abrechnet. "Ron ist von einer Super-PAC-Marionette dazu übergegangen, seine eigenen Marionetten mit einem Super-PAC zu haben", zitiert "NBC News" eine anonyme Quelle aus dem Umfeld des Kandidaten. Offiziell dementiert DeSantis' Team freilich jede Einmischung, wäre die doch nach Bundesrecht strikt verboten. Laut "NBC News" geriet der "Never Back Down"-Hauptstratege auch deshalb mit einem Vorstandsmitglied und Studienfreund von DeSantis in den Lobby-Büros in Atlanta heftig aneinander – es sei beinahe zur Schlägerei gekommen. "Das DeSantis-DiSaster geht weiter", feixte Haleys Wahlkampfteam darafhin in einer am Dienstag verschickten Pressemitteilung.
Vom "Trump mit Hirn" zum "Trump ohne Plan"
Dabei ging es zuletzt eigentlich zaghaft bergauf: Bei der dritten TV-Debatte der republikanischen Kandidaten (Trump glänzte erneut durch Abwesenheit) legte DeSantis einen sehr soliden Auftritt hin und ergatterte im Anschluss Millionen an Spendengeldern. In Iowa, dem Stimmungsbarometer-Staat, kann er zudem auf die Unterstützung von Gouverneurin Kim Reynolds und des enorm einflussreichen, als Königsmacher geltenden Evangelikalen Bob Vander Plaats bauen. Casey DeSantis 19.00
Doch, glaubt man den Umfragen, hilft das alles nichts. Wäre DeSantis' Zustimmungskurve ein Aktienkurs, näherte er sich dem Ramschniveau. Der Abstand auf Donald Trump nähert sich allmählich der 50-Prozent-Marke. Noch spricht er es nicht aus. Aber fest steht: Der einst gefeierte Shootingstar ist auf der großen, nationalen Bühne gescheitert. Und wie.
"Trump mit Hirn", so nannten viele DeSantis lange. Für viele Konservative war er die rechte Hoffnung, er sollte dem Trumpismus einen neuen Anstrich verpassen. Heute ist er der "Trump ohne Plan" – und morgen vielleicht der "Trump ohne Freunde".
Quellen: "Axios"; "New York Times"; "NBC News"; "Semafor”