Wahrzeichen der USA: So will San Francisco die Suizide auf der Golden Gate Bridge eindämmen
Mindestens 2000 Menschen haben auf einem der berühmtesten Wahrzeichen der USA, der Golden Gate Bridge, Suizid begangen. Eine fast unsichtbare Maßnahme soll das Problem nun eindämmen.
Im Mai 1937, da war die Golden Gate Bridge gerade zehn Wochen fertiggestellt, beging der 47-jährige Kriegsveteran Harold Wobber den ersten Suizid auf der Brücke. Er sollte nicht der Einzige bleiben. Erst jetzt, 86 Jahre später, sind die Behörden fast fertig mit einer Maßnahme, die Menschen wie Harold Wobber retten könnte.
Arbeiter spannen derzeit die letzten Meter von stabilen Netzen entlang der Brücke, berichtet unter anderem die "New York Times". Sechs Meter hängen sie tief, sechs Meter sind sie weit. Im Abstand von 15 Metern sind sie zwischen insgesamt 369 Streben angebracht und wie der Rest der Brücke in einem Orangeton gestrichen. Die rostfreien Stahlnetze sind stabil, aus Schiffsqualität, die der Witterung bei Wind und Wetter, Salz und Nebel standhalten sollen.
Aus der Entfernung sind sie nicht zu sehen. Auch nicht, wenn man mit dem Auto über die Brücke fährt. Aber man erkennt die Netze, wenn man am Geländer steht.STERN PAID Ein Brief an ... meine Tochter, die sich das Leben nahm 13.27
Golden Gate Bridge: Zwischen Touri-Magnet und einem Ort für Suizid
Etwa 2000 Menschen beendeten auf der Brücke ihr Leben. Doch die Dunkelziffer dürfte höher sein. Nicht jeder Körper wird gefunden, nicht jeder Sprung beobachtet. Leutnant Michael Bailey gehört zu den Sicherheitskräften an der Brücke, die durch Videoüberwachung und andere Maßnahmen versuchen, das Schlimmste zu verhindern. Rund 30 Mal im Jahr scheitern sie daran, heißt es von offizieller Seite. "Es ist schwer, sich davon nicht beeinflussen zu lassen", sagte Bailey der "Times". "Wir sind alle Menschen, mit normalen Gefühlen wie jeder andere auch." Auch deshalb sei er erleichtert, dass die Installation der Stahlnetze – oder des "Suizid-Abschreckungs-Systems", wie die Behörden es nennen – fast fertig ist.
Dass die Behörden das Risiko offenbar nicht immer ernst nahmen, zeigt eine Äußerung des amerikanischen Psychotherapeuten Dr. Mel Blaustein. Mehr als 20 Jahre kämpfte er für zusätzliche Barrieren an der Brücke. "Einer der Direktoren sagte mir sogar, dass die Lösung darin bestünde, ein Sprungbrett auf der Brücke zu errichten", sagte Blaustein der US-Zeitung, selbst langjähriger ärztlicher Leiter einer psychiatrischen Einrichtung, die nur wenige Kilometer von der Brücke entfernt ist. "Das sollte die Kaltschnäuzigkeit zeigen, die ich bei den Menschen gesehen habe."
Wie Blaustein kämpften zahlreiche Personen über Jahrzehnte dafür, dass es Menschen schwerer gemacht wird, in den Tod zu springen. Denn das Geländer der Brücke ist gerade mal vier Fuß hoch, 1,20 Meter. Doch Kritiker verhinderten ebenfalls über Jahrzehnte, dass das Geländer erhöht wird – auch aus optischen Gründen. Das sorgte für Frustration über die Grenzen von San Francisco hinaus.
Besonders Familien, deren Angehörige sich auf der Golden Gate Bridge das Leben nahmen, setzten sich für eine Sicherung der eigentlich beliebten Touristen-Attraktion ein. Lange scheiterte es an den finanziellen Mitteln, der amerikanischen Bürokratie, Umwelt- und Technik-Tests. Dann inspirierte die Idee einer Kathedrale in der Schweizer Stadt Bern die Behörden zu der Netz-Lösung.
Deren Installation dauerte sieben Jahre – drei Jahre länger, als der Bau der ganzen Brücke. Kostenpunkt: 217 Millionen US-Dollar. Anfangs wurde mit 76 Millionen kalkuliert. Doch jetzt sind die Arbeiterinnen und Arbeiter fast fertig. Wie viele Leben die Netze am Ende retten, kann man bisher nur schätzen. Doch Denis Mulligan, Brücken-Manager, ist froh über jede Person, die gerettet werden kann: "Es ist ein lohnendes Ziel, die Zahl der Menschen, die in der Gemeinschaft sterben, deutlich zu verringern", sagte Mulligan der "New York Times". "Und das zu erreichen, ist ein Erfolg."
Weitere Quellen: Golden Gate Bridge, "New York Times", NPR, Bern