Israel verstärkt Angriffe auf Hamas-Ziele im Gazastreifen - UNO dringt auf Waffenruhe
Einen Monat nach dem Überfall der Hamas hat Israel seine Angriffe auf Ziele der radikalislamischen Palästinenserorganisation im Gazastreifen verstärkt. Die israelische Armee sprach am Montag von neuen "bedeutenden" Angriffen in dem Palästinensergebiet. UN-Generalsekretär António Guterres forderte angesichts der von den Hamas-Behörden vermeldeten inzwischen mehr als 10.000 getöteten Menschen in dem Palästinensergebiet erneut eine "Waffenruhe". Unterdessen feuerte die Hamas erneut Raketen auf Israel aus dem Libanon ab.
Israel werde die Hamas zerschlagen, sagte Israels Armeesprecher Jonathan Conricus. Das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium im Gazastreifen teilte mit, dass durch heftigen israelischen Beschuss in der Nacht zum Montag mehr als 200 Menschen getötet worden seien.
Unterdessen feuerte die Hamas erneut Raketen aus dem Libanon auf den Norden Israels ab. Ein Sprecher der Essedin-al-Kassam-Brigaden, des bewaffneten Hamas-Arms, erklärte, die 16 Raketen zielten auf Gebiete südlich der israelischen Küstenstadt Haifa.
Am Sonntag hatte Israel erklärt, die Stadt Gaza "eingekreist" und den Gazastreifen in einen nördlichen und einen südlichen Teil geteilt zu haben. Zivilisten soll es demnach aber weiter möglich sein, in den südlichen Teil des Gazastreifens zu flüchten.
UN-Generalsekretär António Guterres rief derweil erneut zu einer sofortigen humanitären Waffenruhe im Gazastreifen auf. Der "Albtraum" im Gazastreifen sei "eine Krise der Menschheit", sagte Guterres am UN-Sitz in New York zu Journalisten. Guterres mahnte zudem, in einem bewaffneten Konflikt stehe keine Konfliktpartei über dem humanitären Völkerrecht.
Zuvor hatten bereits die Leiter von 18 UN-Organisationen in einer gemeinsamen Erklärung eine "sofortige humanitäre Waffenruhe" gefordert. Seit dem 7. Oktober seien "zahlreiche Mitarbeiter von Hilfsorganisationen" getötet worden, darunter 88 Mitarbeiter des Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA).
Die Hamas erklärte indes, dass der Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und dem von ihr kontrollierten Gazastreifen nach einer zweitägigen Schließung erneut für die Ausreise von Ausländern und Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft geöffnet werden solle. Als Bedingung nannte die Hamas die sichere Ausreise von Verletzten aus dem Gazastreifen. Laut einem Grenzbeamten kamen am Montag sechs Krankenwagen aus dem Gazastreifen über den Grenzübergang Rafah in Ägypten an.
Hinsichtlich internationaler Überlegungen zu einer Neuordnung im Gazastreifen bekräftigte die Hamas ihren Machtanspruch in dem Palästinensergebiet. Die Hamas werde "eine neue Vichy-Regierung nicht akzeptieren", sagte ihr Chef im Libanon, Osama Hamdan, vor Journalisten und spielte damit auf die pro-deutsche Regierung Frankreichs während der Nazi-Zeit an. "Keine Kraft der Welt" könne die Hamas "vernichten oder an den Rand drängen".
Die islamistische Hamas war aus den Wahlen im Jahr 2006 und den darauf folgenden bewaffneten Auseinandersetzungen mit der rivalisierenden säkularen Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas als Sieger hervorgegangen. Sie übernahm daraufhin die Kontrolle über den Gazastreifen, während die Fatah weiter die palästinensische Autonomiebehörde mit Sitz in Ramallah im besetzten Westjordanland leitet.
Die USA bemühten sich unterdessen darum, die humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen auszuweiten. Bei einem Treffen mit seinem türkischen Kollegen Hakan Fidan in Ankara erklärte US-Chefdiplomat Blinken, sein Land arbeite "mit Nachdruck daran, mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu bringen" und habe "sehr konkrete Möglichkeiten, dies zu tun".
US-Präsident Joe Biden und der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu sprachen indes nach Angaben des Weißen Hauses, über mögliche "taktische Pausen", durch die die Evakuierung von Zivilisten und die Lieferung von Hilfsgütern ermöglicht werden könnten.
Die Hamas hatte vor vier Wochen Israel überfallen und in einer Reihe von Ortschaften und bei einem Musikfestival Gräueltaten vor allem an Zivilisten verübt, darunter an vielen Frauen und Kindern. Nach israelischen Angaben wurden bei dem Hamas-Angriff rund 1400 Menschen getötet und mehr als 240 weitere Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Israel erklärte der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas daraufhin den Krieg und nahm Hamas-Ziele im Gazastreifen unter Dauerbeschuss. Dabei wurden nach jüngsten Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, mehr als 10.000 Menschen getötet.