Suchen Banden nach Drogen?: Mysteriöse Einbruchsserie am Containerterminal Altenwerder: So rüstet der Hamburger Hafen jetzt auf
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Suchen Drogenbanden nach großen Mengen von Kokain? Eine mysteriöse Einbruchsserie im Hamburger Hafen beschäftigt die Polizei. Wie nun am Containerterminal Altenwerder im Kampf gegen die Eindringlinge aufgerüstet wird.
Was ist das los im Hamburger Hafen? Seit Wochen versuchen Einbrecherbanden immer wieder, auf das Gelände des Containerterminals Altenwerder einzudringen – oder haben es sogar geschafft, ehe sie festgenommen werden konnten.
45 Männer haben die Beamten bei mindestens 15 Einsätzen seit dem 11. Juni geschnappt, allesamt junge Niederländer. Auch wenn Polizei und Zoll offiziell davon sprechen, in alle Richtungen zu ermitteln, äußern sie hinter vorgehaltener Hand einen naheliegenden Verdacht: Dass im Hamburger Hafen Drogenbanden am Werk sind, die aus einem oder mehreren der Zehntausenden Container auf dem Terminalgelände eine größere Menge Kokain holen wollen, als "Rausholer" in dem arbeitsteiligen Geschäft der Kriminellen.
Containerterminal Altenwerder im Hamburger Hafen rüstet auf
Der Hamburger Hafen, das "Tor zur Welt", ist auch ein Einfallstor für illegale Waren aller Art und gilt neben den Häfen Rotterdam (Niederlande) und Antwerpen (Belgien) als einer der zentralen Umschlagsplätze für Rauschgift in Westeuropa. Regelmäßig werden hier Kokainlieferungen im Milliardenwert sichergestellt. Die Aussicht auf das viele Geld dürfte die Hartnäckigkeit der Einbrecherbanden begründen. Das "Hamburger Abendblatt" berichtet, bei den Verdächtigen seien unter anderem Bolzenschneider, Plomben zum Versiegeln von Containern, GPS-Tracker und Handys mit Powerbanks gefunden worden.
PAID Hamburger Hafen Einbrüche 16.09
Die Ermittlungen gegen die 45 Niederländer laufen (noch) wegen Hausfriedensbruchs – Verstrickungen in Drogengeschäfte konnten die Behörden bislang nicht nachweisen. Bis auf einen Mann, der an zwei Einbruchsaktionen in Altenwerder beteiligt gewesen sein soll, sind alle Festgenommenen wieder auf freiem Fuß.
Die Auswirkungen des Katz-und-Maus-Spiels im Hamburger Hafen sind erheblich. Das Containerterminal Altenwerder arbeitet fast vollständig automatisiert – jedes Mal, wenn sich unbefugte Personen auf dem Gelände befinden, muss der Betrieb dort angehalten werden. Eine Vertreterin der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), die das Terminal betreibt, spricht auf stern-Anfrage von wiederholten "operativen Einschränkungen" durch die Eindringlinge.
Die Einbrecher befinden sich möglicherweise in einem Wettlauf gegen die Zeit. Denn die meisten der bis zu 30.000 Container befinden sich nur wenige Tage auf dem Gelände, ehe sie per Lastwagen, Bahn oder Schiff auf ihre Weiterreise gehen.
Um weitere Aktionen der Banden zu verhindern, rüsten Polizei, Zoll und HHLA am Containerterminal Altenwerder auf. Rund einen Quadratkilometer ist das Areal groß, das entspricht rund 140 Fußballfeldern. Das Gelände ist unübersichtlich. In 26 Reihen stapeln sich die Container bis zu 13 Meter hoch, Kräne und Transportfahrzeuge sind unterwegs, es gibt Parkplätze für Lkw, einen Güterbahnhof mit neun Gleisen, Lager- und Bürogebäude.
STERN PAID 21_23 Drogenkrieg Belgien Niederlande Koks und Terror, 20.40
Die drei Landseiten des Sicherheitsbereichs werden durch einen mehr als zwei Meter hohen Metallzaun mit Stacheldraht vor unbefugtem Betreten geschützt. "Achtung. Zutritt verboten! Lebensgefahr!", warnen Schilder entlang des Zauns. "Die Anlagen der HHLA werden grundsätzlich rund um die Uhr bewacht und an allen Eingangs- und Einfahrtsbereichen finden Zugangskontrollen statt", erklärt die HHLA-Sprecherin. Allein darauf will sich angesichts der Einbruchsserie in Altenwerder aber niemand mehr verlassen. Die HHLA habe die Sicherheitsmaßnahmen "deutlich" erhöht, sagt die Sprecherin weiter – mehr aber auch nicht: "Aus Sicherheitsgründen äußern wir uns nicht detailliert zu den Maßnahmen."
Mehr Personal, mehr Technik
Doch einige dieser Maßnahmen sind vor Ort nicht zu übersehen. Neben zusätzlichen Scheinwerfermasten werden auf dem Gelände auch Leuchtballons, sogenannte Powermoons, eingesetzt, die in der Nacht das Terminal stärker erhellen. Und auch der gut drei Kilometer lange Zaun wird verstärkt. Statt herkömmlichen Stacheldrahts wird auf ihm Nato-Draht platziert, der statt einfacher Drahtstachel über rasiermesserscharfe Klingen und Widerhaken verfügt. Er gilt als deutlich schwerer zu überwinden als die Standardvariante und soll potenzielle Eindringlinge abschrecken. Schutz soll auch aus der Luft kommen: Spezielle Überwachungsdrohnen mit Wärmebildkameras können unbefugte Personen auf dem Gelände aufspüren – nach Vorbild von Rotterdam und Antwerpen, wo diese schon länger im Kampf gegen "Rausholer" im Einsatz sind.
Nicht nur technisch, auch personell wird am Containerterminal Altenwerder aufgerüstet. Der Werkschutz der HHLA wurde nach stern-Informationen deutlich verstärkt und auch Zoll und Polizei versichern im Gespräch mit dem stern, dass sie das Gebiet verstärkt im Auge haben – mit zivilen und uniformierten Kräften. Dazu stehen Polizeihubschrauber in Bereitschaft, können binnen Minuten in der Luft über dem Hafen sein. Auch sie haben Wärmebildkameras an Bord.
Vom Wochenende wurden keine neuen Einbruchsversuche in Altenwerder gemeldet. Ob dies an den neuen Sicherheitsmaßnahmen liegt, oder ob die Einbrecher schlicht aufgehört haben, weil der möglicherweise gesuchte Container das Terminal verlassen hat, ist nicht bekannt. Ebenso wenig wie der Grund für die mysteriöse Einbruchsserie.