Kämpfe im Sudan halten ungeachtet der vereinbarten Waffenruhe an
Ungeachtet einer vereinbarten Waffenruhe halten die Kämpfe im Sudan an. Kampfflugzeuge der Armee flogen am Donnerstag Angriffe auf Vororte der Hauptstadt Khartum, während sich Soldaten und Kämpfer der paramilitärischen RSF-Miliz am Boden Gefechte lieferten, wie Augenzeugen der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Die Kämpfe weiteten sich auch auf die westliche Region Darfur aus. Länder wie China und Großbritannien verstärkten ihre Evakuierungsaktionen.
Im Sudan kämpfen seit fast zwei Wochen Armeeeinheiten unter der Führung von Militärmachthaber Abdel Fattah al-Burhan gegen die von seinem Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo angeführte RSF-Miliz. Nach Angaben des sudanesischen Gesundheitsministeriums wurden bei den Kämpfen bislang mindestens 512 Menschen getötet und 4193 Menschen verletzt.
Seit Dienstag war eine unter Vermittlung von USA und Saudi-Arabien ausgehandelte 72-stündige Feuerpause in Kraft, die jedoch nicht eingehalten wurde. Militärmachthaber al-Burhan erklärte sich am Mittwochabend zu Gesprächen über eine Verlängerung der Waffenruhe um 72 Stunden bereit, von der RSF kam zunächst keine Reaktion zu dem Vorschlag des Regionalbündnisses Igad.
"Wir arbeiten sehr aktiv daran, die Waffenruhe zu verlängern", sagte US-Außenminister Antony Blinken in Washington. Die bisherige habe immerhiin "die Gewalt reduziert".
Aus der krisengeschüttelten westlichen Region Darfur wurden am Donnerstag den zweiten Tag in Folge heftige Gefechte gemeldet. Augenzeugen in der Regionalhauptstadt Geneina berichteten von Kämpfen zwischen Militär und RSF. Die UNO hatte am Mittwoch Tötungen, Plünderungen und Brandstiftungen in Geneina gemeldet und erklärt, wegen der Kämpfe könnten 50.000 schwer unterernährte Kinder nicht weiter versorgt werden.
Angesichts der eskalierenden Gewalt hatten sich seit dem Wochenende zahlreiche Länder um Evakuierungsaktionen für ihre Staatsangehörigen bemüht. Die Bundeswehr flog nach eigenen Angaben seit Sonntag rund 780 Menschen aus über 40 Nationen aus dem Sudan aus, darunter 230 Deutsche. Der Bundestag erteilte dem Einsatz am Mittwochabend nachträglich sein Mandat.
In einem dringenden Appell forderte der britische Außenminister James Cleverly im Sudan verbliebene Briten dazu auf, Evakuierungsflüge zu nutzen, solange diese noch verfügbar seien. "Während die Waffenruhe gilt, gibt es Pläne und Kapazitäten, Sie herauszuholen", sagte Cleverly im Sender Sky News. Großbritannien könne das allerdings nicht mehr gewährleisten, wenn die Waffenruhe beendet sei. London hat laut dem britischen Außenministerium seit Dienstag 897 Menschen mit acht Flügen aus dem Sudan evakuiert.
Auch China schickte seine Marine für eine Evakuierungsaktion in den Sudan. "Bislang sind mehr als 1300 chinesische Staatsbürger in Sicherheit gebracht worden", teilte das Außenministerium in Peking mit. Zudem seien Menschen aus weiteren fünf Ländern mitgenommen worden. Weitere Staaten baten China demnach um Hilfe bei der Evakuierung.
Am Donnerstag legte ein weiteres saudiarabisches Evakuierungsschiff in der Hafenstadt Dschiddah an, es hatte 187 Menschen aus 25 Ländern an Bord. Nach Angaben des Außenministeriums in Riad evakuierte Saudi-Arabien bislang insgesamt 2544 Menschen.
Die andauernden schweren Kämpfe im Sudan haben auch Auswirkungen auf die afrikanischen Nachbarländer. Laut UN-Angaben sind bislang mindestens 20.000 Menschen aus dem Sudan in den Tschad geflohen, rund 4000 in den Südsudan, mehr als 3500 nach Äthiopien und rund 3000 in die Zentralafrikanische Republik. Die Vereinten Nationen rechnen damit, dass bis zu 270.000 Menschen vor der Gewalt in die Nachbarländer Tschad und Südsudan fliehen könnten.