Aus Neapel in die Welt: 2000 Jahre bis zum Ruhm: Der lange Weg der Pizza zum globalen Lieblingsgericht
Die ganze Welt liebt Pizza. Doch bis das deftige Rund zu dem wurde, was wir heute auf unseren Tellern finden, hat es gedauert. Eine Story über alte Griechen, Päpste und amerikanische Soldaten.
Im 20. Jahrhundert machte sich die Pizza auf, die Welt zu erobern. Heute gehört die leckere Spezialität zu den beliebtesten Gerichten überhaupt. Eine Welt ohne Pizza ist überhaupt nicht mehr denkbar. Und die Erfinder der Pizza? Na klar, die Italiener. Oder? Tatsächlich ist das Konzept Pizza alt, sogar sehr alt.
Will man die Ursprünge des Gerichts erforschen, muss man etwa 2000 Jahre in der Vergangenheit zurückgehen. Erste Hinweise finden sich bei den alten Griechen. "Der Begriff und das Konzept sind sehr alt", sagt Diego Zancani. Der emeritierte Professor für mittelalterliche und moderne Sprachen an der Uni Oxford ist Autor von "How We Fell in Love with Italien Food". Im Gespräch mit "CNN" erklärt er, dass bereits die alten Griechen "Pissa" oder "Pita" kannten: "Eine neuere Studie brachte den Begriff 'Pizza' mit den verschiedenen 'Pita' in Verbindung, die es im ganzen Mittelmeerraum gibt".Essen darf Spaß machen_13.40Uhr
Von der antiken "Pissa" zur Pizza
Allerdings war diese Ursprungsform der antiken "Pissa" noch nicht das, was wir heute unter Pizza verstehen. Viel mehr habe es sich dabei um ein Brot gehandelt, dass gebraten oder gebacken wurde, "möglicherweise mit Gewürzen darauf". Das bestätigt auch eine weitere Quelle. So ist in einem Mietvertrag aus dem Jahr 997 ebenfalls von Pizza die Rede.
Dem Besitzer des Hauses, das nördlich von Neapel stand, wurde darin Schweinefleisch und Pizza zugesagt. Auch in diesem Fall, meint Zancani, sei Pizza als ein Stück Brot zu interpretieren. Und dann gibt es auch noch einen Papst, der um 1570 gern Pizza aß. Das Rezept seines Chefkochs lässt allerdings wundern, es finden sich Mandeln und Zucker darin. Es sei, so Zancani, "im Wesentlichen ein Kuchen" gewesen.
Es dauerte, bis aus der "Pissa" die Pizza wurde. Dass sie heute aussieht, wie sie aussieht, hängt maßgeblich mit einem Importgut zusammen. In der Mitte des 18. Jahrhunderts kam die Tomate nach Neapel und wohl auch aufs Brot. Die Kunde von der Speise verbreitete sich sodann rasant. Es waren vor allem die Touristen, welche die Botschaft über die Leckerei in alle Herren Länder trugen, darunter so namhafte Menschen wie Carlo Collodi, aus dessen Feder "Die drei Musketiere" stammen. Der Autor schrieb damals begeistert über die verschiedenen Varianten, die Vielfalt der Beläge.Pizza Hawaii 1655
Streetfood des einfachen Volkes
Pizza, das war Streetfood. Ein Gericht fürs einfache Volk. Doch schnell erhielt es auch Einzug in die Höfe. König Ferdinand soll sogar einen gemauerten Pizzaofen sein Eigen genannt haben. "Es war ein Essen der Armen, aber er hat es offensichtlich genossen", so Zancani.
Er war nicht der einzige Monarch, der sich in die Pizza verliebte. So trägt eine der beliebtesten Pizzen noch heute den Namen einer italienischen Königin. Margarita habe, so geht die Geschichte, bei einem Besuch der Stadt 1889 unbedingt die lokale Spezialität kosten wollen. Beim damals besten Pizzabäcker der Stadt, hatte sie die Wahl aus drei Sorten, weiß Zancani: "Weiß mit Schweinespeck, Caciocavallo-Käse und Basilikum; Olivenöl und Sardellen; und Tomaten, Mozzarella und Basilikum. Die Geschichte besagt, dass die Königin die dritte wählte, weil sie sie an die Flagge Italiens erinnerte." Seither trägt die Pizza "Margherita" ihren Namen, der Siegeszug um die Welt nahm Fahrt auf.
"Pizza ist Neapel und Neapel ist Pizza"
Neapel gilt nach wie vor als die Pizza-Stadt schlechthin, das Gericht ist zum neapolitanischen Aushängeschild geworden. "Wie ich zu sagen pflege, hat die neapolitanische Pizza keine Erfinder, Väter oder Besitzer - sie entspringt dem Einfallsreichtum der Neapolitaner. Pizza ist Neapel und Neapel ist Pizza", beschreibt der Präsident der Associazione Verace Pizza Neapolitana (AVPN), Antonio Pace dem gleichen Blatt.
Doch weder die Neapolitaner, noch die Könige waren es, welche der Pizza zu globaler Anerkennung verhalfen. Es waren die italienischen Auswanderer, die das Gericht zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit in die Neue Welt brachten. Einen weiteren Schub bekam die Pizza nach dem Krieg, als amerikanische Soldaten ihre neue kulinarische Liebe in Form von Rezepten zurück in die Heimat trugen. In den Vereinigten Staaten wurde aus dem einfachen Gericht ein Welthit. "Die Amerikaner sagen, dass die Pizza von den Neapolitanern erfunden wurde, aber von den Amerikanern in die Welt gebracht wurde. Ich stimme zu", sagt Zancani.Pizza Neapel 15.00
Ein Wahrzeichen Neapels
Während sich in den USA die Pizzabäcker mehrten, immer weitere Kreationen auf den Teller landeten, blieb die Pizza in Italien lange eine lokale Spezialität, ein Nischengericht. "Pizza blieb viele Jahre lang eine neapolitanische Sache - vor dem Zweiten Weltkrieg war sie nördlich von Rom kaum bekannt, und sie war nicht sofort ein Erfolg. Der kam erst mit der Binnenmigration in den 1950er- und 1960er-Jahren", so Zancani.
Überall im Land öffneten Pizzerien. Die neapolitanische Machart rückte dabei in den Schatten. "Unsere Befürchtung war, dass durch die weltweite Verbreitung dieser Art von Pizza das neapolitanische Originalrezept in Vergessenheit geraten könnte", erklärt Pace, um das Original zu schützen, gründete er einst den Verband AVPN, der die Pizzabäcker seit Mitte der 80er-Jahre schult und die Produkte auf Authentizität prüft.
Er erklärt: "Wir haben immer gesagt, dass die Qualität einer echten neapolitanischen Pizza weder mit dem Dialekt noch mit der Nationalität des Pizzaiolo zusammenhängt, sondern mit einer Produktionsmethode, die keine Geheimnisse hat - obwohl viele Leute das gerne glauben würden". Neapolitanische Pizza besticht durch Einfachheit und wenige Zutaten. Der Teig: Wasser, Mehl, Salz und Hefe - keine Fette, kein Zucker, etwa 12 Stunden Ruhezeit. Gebacken wird im Holzofen.
"Wir haben nie gesagt, dass die neapolitanische Pizza die beste ist; wir betonen nur, dass sie anders ist", so Pace. Ob nun Pizza Hawaii, Käserand oder Chicago-Style. Für Pace hat jede Variante ihre Berechtigung. Dennoch lässt er sich einen kleinen Seitenhieb nicht nehmen: "Der amerikanische Stil ist einfach anders - das Gleiche gilt für die Zutaten. Die hawaiianische Pizza mit Ananas ist ein seltsames Konzept, aber wenn man sie mag, gut. Ja, es ist in gewisser Weise eine Travestie, aber das meiste Essen ist in gewisser Weise eine Travestie."
Quelle: CNN