ARD-Sendung "Farbe bekennen": Merkel verteidigt Impfstrategie und bittet Bürger, "noch eine Weile durchzuhalten"
In einem ARD-Interview hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das Vorgehen beim Impfen gegen Kritik verteidigt. "Wir können keinen starren Impfplan machen", sagte sie. Auch zu möglichen Lockerungen der Anti-Corona-Maßnahmen äußerte sie sich.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat für Verständnis für den Ablauf der Corona-Impfungen in Deutschland geworben. "Wir können keinen starren Impfplan machen", sagte Merkel am Dienstag in der ARD-Sendung "Farbe bekennen". Die Hersteller hätten den Regierungschefs von Bund und Ländern bei dem Spitzengespräch zum Thema am Vortag erläutert, dass die Impfstoffe unter Hochdruck produziert würden und exakte Voraussagen über die genauen Mengen nicht lange im Voraus getroffen werden könnten. "Wir müssen das modellieren, wir müssen das dynamisch anpassen."
Bis zum Ende des Sommers solle jede und jeder ein Impfangebot erhalten, bekräftigte Merkel. Jeder solle dann zumindest die erste der zwei nötigen Impfungen bekommen können. Bisher sei im Großen und Ganzen nichts schief gelaufen bei der Impfkampagne. Wenn weitere Impfstoffe zugelassen würden, könne sich dieses Datum nach vorne verschieben. Es gebe aber auch Risiken: Wenn eine Virus-Mutation ein Impfstoff unwirksam machen würde, "würde die Sache anders ausschauen", so Merkel.
"Das war kein Fehler, wir sind auf das Vertrauen angewiesen"
Merkel erläuterte, warum in den USA, Israel und Großbritannien die Impfstoffe schon bei größeren Anteilen der jeweiligen Bevölkerung angekommen seien. So habe es in Großbritannien für den Impfstoff von Astrazeneca eine Notzulassung gegeben. In Europa sei der Impfstoff mit der Gründlichkeit der normalen Zulassung geprüft worden. "Das war kein Fehler, wir sind auf das Vertrauen angewiesen." Amerika exportiere so gut wie keinen Impfstoff, sondern verwende das dort produzierte Serum nahezu komplett selbst. Deshalb seien die Europäer auf ihre eigene Produktion angewiesen.
PAID berlin nach Merkel PK_16.10Uhr
Die Hersteller hätten auch zur Frage Stellung bezogen, ob es mehr Impfstoffe geben würde, wenn mehr bezahlt worden wäre. "Die Antwort war Nein“, stellte Merkel fest. Die EU habe zudem nicht die gesamte Haftung übernehmen wollen für den Fall, das etwas passiere mit so einem Impfstoff.
Bitte an Bürger: Müssen noch eine Weile durchhalten
Trotz sinkender Corona-Infektionszahlen macht die Bundeskanzlerin den Bürgern keine Hoffnung auf eine schnelle Lockerung der Beschränkungen. Sie bitte alle Menschen, "noch eine Weile durchzuhalten", sagte Merkel. Zwar gebe es jetzt bundesweit eine Inzidenz von unter 100 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen. "Das ist eine gute Leistung, da waren wir lange nicht. Aber damit haben wir noch nicht wieder die Kontrolle über das Virus durch die Gesundheitsämter."
Daran müsse weiter gearbeitet werden, betonte Merkel. Lockerungen werde es aber nicht erst geben, wenn alle Bürger geimpft seien. "Das ist nicht der Weg, den wir anstreben." Die Kanzlerin rief die Menschen dazu auf, mit der Einstellung an das Problem heranzugehen, man könne das Virus besiegen, indem man ihm nicht die Bedingungen gebe, um Menschen zu infizieren. Das bedeute, Abstand zu halten und wirklich vorsichtig zu sein. "Wenn wir das noch eine Weile durchhalten, dann wird es besser werden."