Smartphone-Markt: Nur noch sechster Platz: Huaweis harter Fall
Eigentlich wollte Huawei so schnell es geht die Nummer 1 auf dem Smartphone-Markt werden. Doch dann warf Donald Trump dem rasant wachsenden Konzern einen Stock zwischen die Beine. Die neuesten Verkaufszahlen sind erschreckend. Xiaomi könnte ein ähnlicher Absturz drohen.
Das Rennen sah aus, als wäre es gelaufen: Quartal über Quartal preschte Huawei bei den Smartphone-Verkäufen weiter nach vorne, überholte schließlich sogar Apple als zweitgrößten Hersteller. Samsungs Entthronung schien nur eine Frage der Zeit, man werde den Konkurrent bald überholen, war Smartphone-Chef Richard Yu sicher. Dann verbot Trump mit einem Schlag US-Unternehmen das Geschäft mit Huawei. Doch obwohl die ersten Auswirkungen schnell spürbar waren, wird das volle Ausmaß von Huaweis Absturz erst jetzt sichtbar. Und auch der größte Profiteur der Krise muss sich wohl warm anziehen.
Die jüngsten Smartphone-Verkaufszahlen auf dem Smartphone-Markt sind für Huawei eine Katastrophe: Gerade einmal etwas über 30 Millionen Smartphones soll Huawei im Weihnachtsquartal 2020 verkauft haben, sind sich die Experten der beiden Analyse-Firmen Counterpoint und Canalys einig. Damit stürzt der Konzern um mehr als 40 Prozent seiner Verkäufe ab. Weil die Konkurrenz aus China in Form von Xiaomi, Vivo und Oppo gleichzeitig kräftig zulegen kann, reicht es für Huawei nur noch für den sechsten Platz.PAID Abschied von China 11.25
Es geht bergab
Die Situation ist auch insofern bemerkenswert, da Huawei der Absturz der Nachfrage in der Coronakrise weniger betroffen hatte als viele Konkurrenten. Weil beispielsweise Samsung und Apple zeitweise spürbar weniger Geräte verkauften, konnte Huawei im zweiten Jahresquartal zum ersten Mal überhaupt Samsung bei den meisten verkauften Smartphones überholen. Das lag vor allem daran, dass der chinesische Markt durch den frühen Corona-Lockdown deutlich vor der übrigen Welt einen Einbruch der Nachfrage zu spüren bekam - und diese dann entsprechend auch früher wieder anzog.
Doch anders als etwa Apple konnte Huawei nicht von der langsamen Erholung des weltweiten Smartphone-Marktes zum Jahresende profitieren - im Gegenteil. Während die Kalifornier mit den Umsätzen der neuen iPhone-Generation den Rekord für das beste Quartal aller Zeiten knackten, brach die Kurve bei Huawei regelrecht ein.
Huawei leidet unter Trump
Das hat mehrere Gründe. Der sicher wichtigste ist der von Donald Trump beschlossene Handelsbann gegen den Konzern, der gerade sogar verschärft wurde. War zunächst nur der direkte Handel untersagt, dürfen seit September nicht einmal mehr Bauteile an Huawei verkauft werden, wenn diese auf amerikanischen Technologien beruhen. Damit ist der Konzern de facto vom wichtigen Chip-Markt abgeschnitten, die über Monate gehorteten Vorräte an Bauteilen sind langsam aufgebraucht. Huawei könnte also selbst bei hoher Nachfrage nicht ausreichend Geräte liefern.
Hinzu kommt, dass das Weihnachtsgeschäft in Huaweis Heimatmarkt quasi keine Rolle spielt. Hier rächte sich, dass der Konzern seine vorherige Erholung nahezu ausschließlich zu Hause erreichen konnte - fast 70 Prozent seiner Smartphone-Verkäufe finden mittlerweile in China statt. Wäre dort die Nachfrage nach den neuen Modellen der Mate- und Nova-Reihen nicht so groß gewesen, sähe die Lage wohl noch schlechter aus.
Keine Hoffnung aus den USA
Der Ausblick ist indes düster. Aktuell gibt es keine Anzeichen, dass der gerade ins Amt gekommene US-Präsident Joe Biden die Sanktionen seines Vorgängers lockern wird. Der Verdacht, dass Huawei eng mit dem chinesischen Militär verbandelt und damit vertrauensunwürdig ist, ist in der US-Politik parteiübergreifender Konsens. Zudem hatte Trumps Team im Wahlkampf versucht, Biden als China-nah zu zeichnen, dieser hatte daraufhin demonstrativ einen scharfen Ton gegen China angeschlagen. Hier ist für Huawei also wenig zu erwarten. Hinzu kommt, dass die Zahlen noch weiter einbrechen dürften, weil sie bisher Verkäufe der preisgünstigen Tochtermarke Honor enthalten. Die wurde jedoch im Herbst verkauft. Der volle Effekt wird erst im ersten Quartal des neuen Jahres voll sichtbar sein.
Und: Erste Gerüchte sprechen davon, dass auch die Premium-Smartphones der Mate- und P-Serien bald an ein Konsortium verkauft werden könnten. Huawei weist das zwar von sich. Dass aber der für Smartphones verantwortliche Richard Yu nun von der Leitung des Consumergeschäfts in die Cloud-Sparte des Unternehmens wechselt, deutet nicht darauf hin, dass er noch viel Zukunft für den Smartphone-Bereich sieht.Samsung Galaxy S21 Ultra im Test_10.40Uhr
Die Nachfolger scharren mit den Hufen
Die einzig gute Nachricht für Huawei ist da, dass dem stärksten Konkurrenten aus der Heimat bald ähnliches drohen könnte. Als eine seiner letzten Amtshandlungen hat Donald Trump auch den Konzern Xiaomi auf die Schwarze Liste setzen lassen. Das Unternehmen stellt in der Heimat nahezu alles her, vom Rucksack bis zum Kühlschrank. Bekannt wurde es im Westen aber vor allem für seine auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis getrimmten Smartphones.
Und das sehr erfolgreich: Aufs Jahr gerechnet legte Xiaomis Smartphone-Geschäft satte 17 Prozent zu, berechnete Counterpoint. Mit 145 Millionen verkauften Geräten liegt man nur noch 40 Millionen Verkäufe hinter Huawei, im letzten Quartal überholte man den großen Konkurrenten durch dessen starken Abfall sogar. Mit einer Klage gegen die US-Regierung versucht der Konzern aktuell, Trumps Entscheidung als Verstoß gegen die Verfassung zu deklarieren, um von den Restriktionen befreit zu werden. Man sei eine private Firma ohne Kontakte zum Militär, erklärte der Konzern. Das hatte bei Huawei allerdings auch nicht als Argument geholfen.
Sollte auch Xiaomi bei seiner internationalen Wachstums-Strategie ähnlich ausgebremst werden, dürften davon die etablierten Smartphone-Konzerne aber nur bedingt profitieren. Mit Oppo, Vivo und RealMe steht die zweite Reihe extrem erfolgreicher chinesischer Hersteller mit großen Ambitionen bereits in den Habachtstellung. Bis die Krone des Marktes in chinesischer Hand ist und wer sie am Ende trägt, ist noch längst nicht entschieden.
Quellen:Counterpoint, Canalys, Business Insider
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