Edingen-Neckarhausen: Trinkwasserverunreinigung mit TFA - Gemeinde könnte um 129.000 Euro klagen
Von Nicoline Pilz
Edingen-Neckarhausen. Markus Morlock, Leiter Anlagenservice bei den Stadtwerken Heidelberg, brachte am Mittwochabend Neuigkeiten mit in die Verbandsversammlung des Wasserversorgungsverbands "Neckargruppe". Morlock teilte den Verbandspartnern Mannheim und Edingen-Neckarhausen mit, das Landgericht Heilbronn halte die Klage der Stadt Heidelberg gegen das Bad Wimpfener Unternehmen Solvay in Sachen Trinkwasserverunreinigung mit Trifluoracetat (TFA) dem Grunde nach für gerechtfertigt. Heidelberg dürfe demnach sämtliche Aufwendungen geltend machen, die innerhalb einer vernünftigen Risikovorsorge im Zeitraum von November 2016 bis November 2017 entstanden sind. Ab diesem Datum hatte das Umweltbundesamt (UBA) den Maßnahmenwert von TFA von zehn Mikrogramm pro Liter auf 30 erhöht.
Mit der offenbar erfolgreichen Klage gegen Solvay könnte damit ein jahrelanges Ringen um die Verantwortung der Trinkwasserverunreinigung zu Ende gehen. Und auch Edingen-Neckarhausen könnte viel Geld wiederbekommen.
Im Oktober 2016 hatte das Regierungspräsidium in Stuttgart die Neckarkommunen darüber informiert, dass ein "unerwünschter Stoff" im Neckar aufgetaucht sei. Er stammte aus genehmigten Einleitungen der Firma Solvay. Der Knackpunkt dabei: Von TFA war in der behördlich erteilten Genehmigung offenbar nichts zu lesen.
Edingen-Neckarhausens nahe am Fluss gelegene Flachbrunnen waren stark betroffen. Die Kommune reagierte, hängte einen Brunnen ab und begann mit den Vorbereitungen einer Notversorgung über das Netz der MVV Mannheim. Die dafür notwendige Druckerhöhungsanlage wird im kommenden Jahr gebaut, Kostenpunkt rund 900.000 Euro.
Die zunächst noch mündliche Mitteilung des Landgerichts an die Stadt Heidelberg ist für Edingen-Neckarhausen deshalb interessant, weil die Kommune bislang darauf wartete, welchen Ausgang die Heidelberger Klage nehmen würde. Nun beschloss die Verbandsversammlung einmütig, ebenfalls eine Klageerhebung rechtlich prüfen und "verjährungshemmende Maßnahmen" ergreifen zu lassen. Eine Verjährung hätte Ende dieses Jahres gedroht. Verbandsvorsitzender Bürgermeister Simon Michler sagte, die Gemeinde sei bislang nicht tätig geworden, weil man auf einen Leitwert für TFA habe warten wollen. Den sollte das UBA in diesem Jahr erheben, doch wird es wohl Februar werden.
Die Frage, ob TFA schädliche Auswirkungen auf Organismen hat, beschäftigt die Behörden, seit das ganze Ausmaß der Verunreinigung mehrerer Trinkwasserbrunnen entlang des Neckars bekannt geworden war. Mit einer eindeutigen Antwort taten sich die Verantwortlichen schwer, sie hatten schlicht zu wenig Erfahrung mit dem Salz. Chemiker schlossen zwar eine Gefährdung aus, verlässliche Daten sollte aber eine toxikologische Studie an Tieren liefern.
Chemische Stoffe können in Abhängigkeit von Dosis oder Dauer unterschiedliche Schädigungen beim Menschen verursachen, sagt das Bundesinstitut für Risikobewertung. In toxikologischen Studien werden diese Schadwirkungen untersucht, um Gefahren für die Verbraucher ausschließen zu können. Den Tieren werden dabei verschiedene Dosen eines Stoffes verabreicht, um herauszufinden, ob er zum Beispiel Leber, Niere oder Nervensystem schädigt, Krebs auslösen kann oder die Embryonalentwicklung beeinträchtigt und ab welcher Dosis dies geschieht.
Ende September teilte das Umweltbundesamt auf RNZ-Anfrage mit, dass die Studie vorliege und bis Dezember geprüft werden sollte. Danach wollte die Behörde einen Leitwert für TFA vorgeben. Auf erneute Nachfrage beim UBA zum Ausgang dieser Prüfung heißt es nun knapp drei Monate später, die Studie sei nur zusammengefasst eingegangen und enthalte keine Einzelwerte aus dem Tierversuch. Diese seien aber für die Ableitung eines Leitwerts erforderlich. Wann die fehlenden Rohdaten vorliegen und wann dementsprechend ein Leitwert für TFA festgesetzt wird, konnte das UBA nicht genau sagen.
Bürgermeister Michler erklärte, der Kommune seien im Zusammenhang mit TFA rund 129.000 Euro an Kosten in besagtem Zeitraum entstanden. "Eine große Summe", fand der neue stellvertretende Verbandsvorsitzende Bernd Grabinger (CDU). Man müsse alles tun, um sie wiederzubekommen.