Parteien: Machtwechsel ohne Meuterei: Hagel neuer Landeschef der CDU
Nach zwölf Jahren hat die CDU in Baden-Württemberg eine neue Spitze. Manuel Hagel gilt als neuer Hoffnungsträger der Konservativen. Bei seiner Bewerbungsrede kündigt er eine "Agenda der Zuversicht" an - und macht klar, dass er mehr will.
Fraktionschef Manuel Hagel ist neuer Vorsitzender der CDU im Südwesten. Der 35-Jährige wurde am Samstag auf dem Landesparteitag in Reutlingen mit 91,5 Prozent der Stimmen zum neuen Vorsitzenden gewählt worden. Hagel folgt auf Thomas Strobl, der zwölf Jahre den Landesvorsitz innehatte. Strobl hatte im September erklärt, auf eine erneute Kandidatur für den Landesvorsitz verzichten zu wollen. Hagel erhielt am Samstag 311 von 340 gültigen Stimmen. Gegenkandidaten gab es keine. Es gab drei Enthaltungen, die die CDU traditionell wie ungültige Stimmen wertet. Die Südwest-CDU beschloss in Reutlingen einen Antrag, der die Abschaffung des individuellen Asylrechts und die Auslagerung von Asylverfahren fordert.
Dem 35 Jahre alten Hagel werden Ambitionen auf die Spitzenkandidatur 2026 nachgesagt. Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) will bei der Landtagswahl nicht mehr antreten. Die Grünen müssen noch einen Spitzenkandidaten benennen - als aussichtsreichster Kandidat gilt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. In seiner Rede untermauerte Hagel den Führungsanspruch der Christdemokraten im Ländle: "Das politische Erbe von Winfried Kretschmann wird bei uns in guten Händen sein." Es sei die richtige Zeit, dass die CDU wieder ambitioniert sei. Die Partei werde wieder gebraucht. Und: "Wir sind unbesiegbar, wenn wir geschlossen sind."
Baden-Württemberg wurde knapp sechs Jahrzehnte von der CDU federführend regiert. 2011 übernahm Kretschmann die Villa Reitzenstein. Nach mehreren Jahren in der Opposition gelang es Strobl sowohl 2016 als auch 2021, die Partei als Juniorpartner in die Regierung zu führen - und einen Bedeutungsverlust zu vermeiden. In der Partei war Strobls Position schon länger geschwächt: Beim letzten Parteitag im November 2021 in Mannheim erhielt er nur noch 66,5 Prozent der Stimmen.
Als stellvertretende Landesvorsitzende wurden der Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei (87,7 Prozent), die Sigmaringer Landrätin Stefanie Bürkle (76,6 Prozent) und der Europaabgeordnete Daniel Caspary (68 Prozent) bestätigt. Neu als Vizeparteichefin gewählt wurde Bauministerin Nicole Razavi (73,7 Prozent).
Auf dem Parteitag forderte der neue Landesvorsitzende Hagel unter anderem eine 180-Grad-Wende in der Migrationspolitik. "Die Migrationspolitik, die wir seit Jahren machen, die ist am Ende", sagte er. Ehrenamtliche in den Kommunen könnten nicht mehr. Es gehe nun darum, den Zuzug schnell und effektiv zu begrenzen.
Der Landesverband sprach sich dann auch für eine komplette Kehrtwende in der Migrationspolitik aus - und für die Auslagerung von Asylverfahren. Die Delegierten stimmten für einen entsprechenden Antrag des Parlamentarischen Geschäftsführers der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei. Das individuelle Asylrecht soll demnach abgeschafft werden. Asylverfahren sollen dem Antrag zufolge in andere Staaten ausgegliedert werden und diese Staaten auch zum Schutzraum für Flüchtlinge gemacht werden. Im Falle eines positiven Ausgangs des Asylverfahrens solle der sichere Drittstaat vor Ort Schutz gewähren.
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Nina Warken aus Tauberbischofsheim ist zur neuen Generalsekretärin gewählt worden. Sie erhielt 91,1 Prozent der Stimmen. Sechs Delegierte enthielten sich. Die Juristin und Rechtsanwältin Warken (44) ist parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion. Hagel und Warken kennen sich aus gemeinsamen Zeiten in der Jungen Union. Die bisherige Generalsekretärin Isabell Huber hatte zuvor verkündet, dass sie abtreten werde.
Vor der Wahl hatte Hagels Vorgänger Strobl seinem Landesverband zu seinem Rückzug eine seltene Einigkeit bescheinigt. Er wisse nicht, wann die CDU in Baden-Württemberg mal so geschlossen und geeint dagestanden habe. "Das haben wir oft gesagt, aber diesmal stimmt's wirklich." Er sei gerne zwölf Jahre Vorsitzender des Landesverbands gewesen - "meistens mit Freude".