Fremdenfeindlicher Hintergrund: Ausschreitungen eskalieren: Südafrika von Gewaltwelle erschüttert – Tote und Verletzte
Bei fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Südafrika sind in den vergangenen Tagen mindestens zehn Menschen getötet worden. Das teilte der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa mit. Demnach war eines der Opfer ein ausländischer Staatsbürger.
Bei den Unruhen waren seit Sonntag dutzende Geschäfte zerstört worden. Mehr als 420 Menschen wurden festgenommen. Randalierer – manche mit Äxten und Macheten bewaffnet – hatten in Johannesburg und Südafrikas Hauptstadt Pretoria unter anderem Geschäfte von Einwanderern geplündert und Autos und Gebäude in Brand gesetzt. Der südafrikanische Fernsehsender SABC zeigte Bilder von vor Ort. Berichten zufolge wurden Tränengas und Gummigeschosse von Seiten der Polizei abgefeuert.
"Keine Rechtfertigung für das Plündern und die Zerstörung"
Bis zum Donnerstag hatte sich die Lage weitgehend beruhigt. Lediglich im Johannesburger Vorort Katlehong kam es in der Nacht zu Plünderungen. "Keine Wut und Frustration und Missstand können solche Akte mutwilliger Zerstörung und Kriminalität rechtfertigen", sagte Ramaphosa. Gleichzeitig gebe es "keine Rechtfertigung für das Plündern und die Zerstörung von Geschäften, die Südafrikanern gehören", fügte er hinzu.
Während die südafrikanische Regierung allgemein von Kriminalität spricht, berichten die Medien des Landes immer wieder von gezielten Anschlägen gegen ausländische Ladenbesitzer und Lastwagenfahrer.
Bereits in der Vergangenheit wurden Einwanderer aus Nachbarländern wie Lesotho, Mosambik und Simbabwe verantwortlich gemacht für die hohe Arbeitslosigkeit im Land. Die Quote der Arbeitslosen liegt bei rund 27 Prozent. Der Sender Al Jazeera berichtet, dass die Zahl der Einwanderer in Südafrika zwischen zwei und fünf Millionen beziffert werde – bei rund 56 Millionen Einwohnern.
Die Geschichte der Apartheid 18.10Gewalttätige Reaktionen im afrikanischen Ausland
Als Reaktion auf die Ausschreitungen gab es in mehreren afrikanischen Ländern wütende Demonstrationen. In Lagos, der Universitätsstadt Ibadan sowie der Großstadt Uyo waren am Mittwoch Läden und Büros in Brand gesteckt und geplündert worden. Auch in der Demokratischen Republik Kongo kam es zu Übergriffen auf südafrikanische Einrichtungen und Geschäfte. In der Stadt Lubumbashi im Südosten des Kongo wurden bei Protesten die Fenster des südafrikanischen Konsulats eingeschlagen.
Südafrika schloss daher seinerseits die Auslandsvertretungen in Nigeria. Die Entscheidung sei gefallen, nachdem eine Gruppe Menschen versucht habe, sich Zutritt zum südafrikanischen Konsulat in Lagos zu verschaffen, erklärte ein Sprecher des Außenministeriums. Das Konsulat und die Botschaft in Abuja würden wieder geöffnet, wenn dies als "notwendig" erachtet werde.
Fußballspiele aus Protest abgesagt
Bei den Ausschreitungen in Südafrika wurden nach Angaben des nigerianischen Außenministers Geoffrey Onyeama mehrere Geschäfte und Immobilien von Nigerianern zerstört. Nigerianische Staatsbürger seien jedoch nicht getötet worden. Nigeria "strebe keine Eskalation" der Situation an, sagte ein Berater von Präsident Muhammadu Buhari. "Wir werden mit Südafrika zusammenarbeiten."
Madagaskar verzichtet aus Protest gegen die Gewalt auf ein Länderspiel gegen Südafrika. Das Spiel war ursprünglich in Johannesburg angesetzt gewesen. Zuvor hatte Sambia auf ein Spiel gegen Südafrika in Lusaka verzichtet.
Südafrika ist ein wichtiges Ziel für afrikanische Einwanderer auf der Suche nach wirtschaftlichen Chancen. Afrikas zweitgrößte Volkswirtschaft zieht nicht nur Menschen aus Nachbarländern wie Lesotho, Mosambik und Simbabwe an, sondern auch aus weiter entfernten Regionen, darunter Nigeria und Südasien. Laut der Nachrichtenagentur Reuters hätte Tansanias staatliche Fluggesellschaft Flüge nach Johannesburg eingestellt.
GewaltSüdafrika 11.30Gewalt überschattet Weltwirtschaftsforum
Die Ausschreitungen überschatteten auch eine kontinentale Tagung des Weltwirtschaftsforums in Südafrika. "Hier in Südafrika machen wir gerade eine schwierige Zeit durch", gab der südafrikanische Finanzminister Tito Mboweni zu und meinte: "Eine Mehrheit der Südafrikaner ist dagegen, was da passiert ist."
Mboweni musste sich auch Fragen afrikanischer Teilnehmer nach ausländerfeindlicher Gewalt in dem Kap-Staat stellen. Freihandel setze auch die Freizügigkeit bei interkontinentalen Reisen oder die Niederlassungsfreiheit voraus, meinte er. "Als Afrikaner sollte ich mich überall in Afrika niederlassen können; diese künstlichen Grenzen müssen wirklich ein Ding der Vergangenheit sein", sagte Mboweni. Wenn ein Nigerianer in Johannesburg wohnen wolle, müsse er das können.
In den vergangenen Jahren gab es in Südafrika immer wieder ausländerfeindliche Gewalt. Im Jahr 2015 wurden sieben Menschen bei fremdenfeindlichen Angriffen und Plünderungen in Johannesburg und Durban getötet. Die schlimmste Welle fremdenfeindlicher Gewalt gab es im Jahr 2008 mit 62 Toten.
Weitere Quellen: Reuters, Al Jazeera, Der neue Fischer Weltalmanach 2019