Mannheim: So war Schillers "Lichtsommer" auf dem Carstival (plus Fotogalerie)
Mannheim. (gol) Er hat selbst in Zeiten von Corona den Finger am Puls des Electronic-Global-Pop. Mit einer professionellen Melange aus Fantasie und Kunst entführt Christopher von Deylen alias Schiller seine Fans stets mit traumwandlerischer Sicherheit in utopische Welten. Der Keyboarder und Komponist setzte beim Carstival sogar das Glanzlicht der gesamten Open-Air-Serie – und das nicht nur wegen der gigantischen Laser-Show.
Der Trance-, Synthie-Pop- und New Age-Künstler zauberte ab 22 Uhr in seinem zweistündigen Programm "Lichtsommer" zusammen mit den Schweizer Musikern Cédric Monnier (Synthesizer und elektronischer Bass), Robin Tadic (Loops und Elektronik) und Oliver Keller (elektrische und akustische Gitarren) ein fremdes Universum aus Ton und Licht auf das Mannheimer Maimarktgelände.
Die Sinne seiner Anhänger hüllte von Deylen in ein kurzweiliges Gemisch aus unzähligen erfolgreichen Stücken aus seinen Top-Alben. Mit vielen Klassikern wie Ultramarin, Ruhe, Mitternacht oder Shangri La lud der Musiker sein Publikum zu entspannten, sphärischen Trips durch Raum und Zeit ein.
Rockige Klänge und Electronic-Beats verschmolzen förmlich mit der atemberaubenden Animation von Licht-Designer John Davis. Die parallel eingespielte, einzigartige Lightshow der Laserfabrik Köln legte sich wie ein buntes Netz über die 400 Fahrzeuge. Nicht zuletzt die glasklare Klangqualität lockte sein Publikum aus der dunklen Nacht in ferne Galaxien und transzendente Landschaften, die in 3 D über die großformatige Leinwand huschen. Der Niedersachse, der Frühaufsteher ist und die Stille liebt, beweist immer aufs Neue, dass in Sachen Electronic-Pop keiner an ihm vorbeikommt. Zu Recht. Der als wegweisend und stilbildend geltende Autodidakt liefert stets neue, intelligente Werke, die alles andere sind als kalte, seelenlose Elektroniksounds.
In einem Gespräch mit der RNZ vor dem Konzert erzählte er, dass sich alle Akteure schon seit Wochen auf das Carstival gefreut haben: "Das Klagen von Künstlern über das Nichts-Tun-Können bringt doch nichts. Es ist vielmehr wunderbar, etwas Neues wagen zu können. Auch wenn es in einem ganz anderen Rahmen stattfindet als gewohnt".
Von Deylen wäre nicht von Deylen, hätte er in Mannheim nicht eine Besonderheit im Gepäck: Mit "Special Guest" Thorsten Quaeschning, musikalischer Leiter der Pionierband "Tangerine Dream", improvisierte der 49-jährige Anti-Showman eine elektronische Echtzeitkomposition. Wohin damit die musikalische Reise ging, zeigte sich nach kurzer Zeit: Zwei kreative Köpfe ergänzen sich kongenial in ihrem Harmonien, als hätten sie schon immer gemeinsam gearbeitet. Nach einer Zugabe verabschiedete sich der stets in Schwarz gekleidete und eher wortkarge Herr mit einem "Bleibt gesund"-Gruß und den Worten "Es ist wirklich sehr besonders für uns, und wir werden diesen Abend nie vergessen." Lichthupen, Beifall und ein Hupkonzert bestätigten ihm, dass die selbst aus München, Dortmund oder Bautzen angereisten Bewunderer es ebenso sahen.