"Chocolaterie St. Anna" Heidelberg: Verwaltungsgericht Karlsruhe bestätigt das "Fähnchen-Verbot"
Von Steffen Blatt
Heidelberg. Jetzt hat es Giuseppina Ehmann schwarz auf weiß: Die Stadt hatte recht, ihr die Genehmigung einer Werbefahne an der Fassade ihrer Chocolaterie zu versagen. Weil die Inhaberin des Geschäfts in der St.-Anna-Gasse gegen diese Entscheidung Widerspruch einlegte, musste das Verwaltungsgericht Karlsruhe den Rechtsstreit entscheiden.
Auf 17 Seiten legen die Richter der 7. Kammer dar, warum die Fahne - oder besser gesagt: das Fähnchen -, das für Eis wirbt, gegen die Werbeanlagensatzung der Stadt Heidelberg verstößt und warum auch mit der Landesbauordung und dem Denkmalschutzgesetz nicht argumentiert werden kann. Alle Argumente, die Ehmanns Anwältin angeführt hatte, werden zurückgewiesen: Die Werbefahne ist für das Gericht sehr wohl genehmigungspflichtig, weil sie größer als ein Quadratmeter ist - wenn man Vorder- und Rückseite zusammenzählt.
Auch müsse die Fahne nicht wie die erlaubten "Nasenschilder" aus Metall behandelt werden. Die seien im Gegensatz zur Fahne oberhalb der Schaufenster angebracht. Dann folgen die "schönsten" beiden Sätze des Urteils, die hier zitiert werden müssen: "Ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung von Werbefahnen und Nasenschildern ist beispielsweise, dass Werbefahnen sich im Wind bewegen. Hierdurch verursachen sie nicht nur störende Geräusche, sondern ziehen durch die Bewegung mehr Blicke auf sich."
Überhaupt sei laut Satzung nur eine Werbeanlage pro Geschäft zulässig, und diese Möglichkeit sei bei der Chocolaterie durch das Schild über dem Eingang bereits ausgeschöpft. Auch die Tatsache, dass Ehmanns Geschäft ganz am Rande des Geltungsbereichs der Werbeanlagensatzung liegt, falle nicht ins Gewicht, ebenso wenig die Tatsache, dass auch andere Geschäfte mehr als eine Werbeanlage angebracht hätten. "Denn ein Anspruch auf ,Gleichheit im Unrecht’ existiert nicht", schreiben die Richter. Darum habe die Heidelberger Stadtverwaltung bei ihrer Entscheidung "weder einen Ermessens- noch einen Beurteilungsspielraum" gehabt.
Die Kammer kommt zu der Überzeugung, dass die Werbefahne an der Fassade das denkmalgeschützte Ensemble "wesentlich beeinträchtigt". Sie wirke "überdimensioniert" und werde als "Fremdkörper" wahrgenommen - jedenfalls vom "aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachter", den das Gericht anführt. Sätze, die für Giuseppina Ehmann wie Ohrfeigen sein müssen. Schließlich wurde ihrer Chocolaterie 2013 das "schönste Schaufenster" bescheinigt. Das habe die Stadtverwaltung nicht berücksichtigen müssen, da es bei dem Prozess um die Fassade gegangen sei, so die Richter. Außerdem befürchtet die Kammer eine negative Vorbildwirkung, sollte die Fahne genehmigt werden. Dann könnten auch andere Geschäfte nachziehen.
Ehmann will das Urteil nicht anfechten - zu teuer, zu wenig Aussicht auf Erfolg. Stattdessen sammelt sie jetzt Unterschriften für den Erhalt der Werbefahne. In dem Aufruf heißt es unter anderem: "Wir finden: Es sind gerade kleine Läden des Einzelhandels, die eine schöne, individuelle Stadt ausmachen. Will ernsthaft jemand behaupten, dass Einkaufsketten dezenter auf sich aufmerksam machen?"
Und die Fahne? Die flatterte am gestrigen Sonntag noch immer vor Ehmanns Chocolaterie.