Neckar-Odenwald-Kreis: Corona-Entspannung, aber leider keine Entwarnung

Neckar-Odenwald-Kreis. (rüb) "Wir freuen uns über die aktuell gesunkenen Patientenzahlen und wir können etwas durchschnaufen", betont Dr. Harald Genzwürker, "aber wir sind beim Blick auf die hohe Zahl an Neuinfektionen in gespannter Erwartungshaltung." Der Ärztliche Direktor der Neckar-Odenwald-Kliniken kann noch keine Entwarnung für die Krankenhäuser ausrufen. Auch wenn durch den etwas milderen Verlauf der Omikron-Variante prozentual weniger Menschen als bei der vierten Welle ins Krankenhaus kommen werden, so hat er die berechtigte Sorge, dass es – aufgrund der Masse an Infektionen – in absoluten Zahlen so viele Covid-19-Patienten sein werden, dass die Kliniken an die Belastungsgrenze kommen könnten.
Der Blick auf die Corona-Zahlen der Kreiskliniken belegt einmal mehr, dass eine Impfung in den meisten Fällen vor einem schweren Verlauf schützt. Wenn aufgrund von Impfdurchbrüchen eine Krankenhausbehandlung nötig wird, dann handelt es sich häufig um hochbetagte und/oder vorerkrankte Patienten.
Insgesamt wurden zwischen dem 1. Oktober und dem 19. Januar 214 Patienten behandelt, die nachweislich mit Sars-CoV-2 infiziert waren. Davon war knapp die Hälfte – 49,1 Prozent – geimpft. Interessant ist vor allem der Blick auf das Alter: Das Durchschnittsalter der 105 geimpften Patienten liegt bei 76,5 Jahren. Die 109 ungeimpften Patienten waren im Durchschnitt nur 61,8 Jahre alt.
Auf der Intensivstation waren 75 Prozent der 40 behandelten Covid-19-Patienten ungeimpft, bei den 19 Patienten, die beatmet werden mussten, waren es sogar 89,5 Prozent.
25 Corona-Patienten der Neckar-Odenwald-Kliniken sind im genannten Zeitraum gestorben. Ihr Durchschnittsalter: 81,4 Jahre. Von diesen 25 gestorbenen Patienten waren 64,3 Prozent ungeimpft. Das heißt aber auch, dass gut 35 Prozent der Verstorbenen geimpft waren. Diese Zahlen müsse man aber in einen Kontext stellen, betont Dr. Genzwürker: Wer geimpft ist und dennoch an Corona stirbt, hat in der Regel ein hohes Lebensalter. Zudem seien nicht alle geimpften Patienten auch geboostert.
Außerdem gilt: Wenn eine Patientenverfügung vorliegt, die Patienten ein hohes Lebensalter und/oder eine ungünstige Prognose haben, werde in enger Abstimmung mit dem Patient, der Familie und Fachkollegen abgewogen, ob eine Intensivtherapie durchgeführt werden soll oder eine Verlegung in ein Zentrum erfolgt. Das heißt: Junge Menschen mit einem schweren Verlauf werden häufiger in ein Zentrum verlegt als ältere Menschen, und sie sterben aufgrund ihres besseren Allgemeinzustands seltener an einer Infektion als Ältere.
Auch wenn die Zahlen relativ kleiner Krankenhäuser wie der in Buchen und Mosbach nicht unbedingt repräsentativ sind, so belegen sie doch eine Tendenz, die sich in den bundesweiten Zahlen verfestigt: Der Anteil der ungeimpften Covid-19-Patienten ist – vor allem auf den Intensivstationen und bei den Beatmungen – um ein Vielfaches höher als ihr Anteil an der Bevölkerung. Die Botschaft ist und bleibt also die gleiche: Wer geimpft – und besser noch: geboostert – ist, der ist vor einem schweren Krankheitsverlauf in der Regel gut geschützt.
Erfreulicherweise nimmt die Zahl der Patienten derzeit bundesweit ab – auch in der Region. "Im Moment ist es auch im Krankenhaus Hardheim etwas ruhiger als gewöhnlich", bestätigt der stellvertretende Verwaltungsleiter Daniel Weber. Ähnliches Bild in den Neckar-Odenwald-Kliniken in Buchen und Mosbach: Waren es im Dezember zeitweise noch mehr als 30 Covid-19-Patienten in den Kreiskliniken, so sind es aktuell nur noch sieben. Davon werden aber drei auf der Intensivstation beatmet, zwei in Buchen und einer in Mosbach. Die Entwicklung spiegelt sich landesweit auch in der Belegung der Intensivstationen wider: So sind aktuell noch 326 Covid-19-Fälle in Baden-Württemberg in intensivmedizinischer Behandlung. Anfang Dezember waren noch mehr als doppelt so viele Intensivbetten belegt.
Für eine Entwarnung sei es aber, so Dr. Genzwürker, leider viel zu früh: Der Scheitel der Omikron-Welle werde für Mitte Februar erwartet. Von den vielen Menschen, die sich Tag für Tag auch in der Region neu infizieren, werde ein kleiner Teil im Krankenhaus landen, auch wenn die Verläufe insgesamt etwas milder seien. "Die schiere Masse der Infektionen wird dafür sorgen, dass viele Menschen eine Krankenhausbehandlung benötigen werden", ist sich der Ärztliche Direktor sicher.
Das zeigt sich aktuell beispielsweise in den USA: Dort übertreffen die Fallzahlen laut Johns-Hopkins-University den bisherigen Höchststand vom letzten Winter um das Dreifache. Im Verhältnis gibt es weniger Krankenhauseinweisungen. Doch in absoluten Zahlen sind es schon mehr als im letzten Winter. Bleibt zu hoffen, dass uns diese Entwicklung nicht eins zu eins auch in Deutschland blüht.
Vorbereitet sind die Kliniken in der Region aber auf jeden Fall. So habe beispielsweise das Krankenhaus Hardheim gerade im Hinblick auf Omikron verschiedene Maßnahmen getroffen, in die die Erfahrungen der vergangenen Monate mit eingeflossen seien. "Wir haben unseren Pandemieplan ständig an die sich ändernden Rahmenbedingungen angepasst, so dass wir hier gut aufgestellt sind", betont Daniel Weber und verweist darauf, dass mehr als 98 Prozent des Pflegepersonals am Krankenhaus Hardheim vollständig geimpft und somit gegen einen schweren Verlauf einer Infektion sowie einen damit verbundenen längeren Ausfall bestmöglich geschützt seien.
Sollte es dennoch zu größeren quarantäne- oder krankheitsbedingten Ausfällen beim Personal kommen, haben sie in Hardheim noch eine weitere Reserve. Denn zum Krankenhausverband gehört auch das Geriatriezentrum Walldürn. Die dortige geriatrische Rehabilitation wurde pandemiebedingt vorübergehend geschlossen. Dadurch könnte im Notfall auf bestehende Personalkapazitäten des Standorts Walldürn zurückgegriffen werden. "So hoffen wir, bestmöglich durch die bevorstehende Welle zu gelangen", sagt Daniel Weber.
Auch in Buchen und Mosbach existieren Notfallpläne für verschiedenste Szenarien und das nicht erst seit der Pandemie. "Ob Teile der Belegschaft aufgrund von Infektionen, Quarantänemaßnahmen oder fehlender Immunisierung ausfallen: Wir werden die Notfallversorgung der Bevölkerung rund um die Uhr sicherstellen", versichert Dr. Harald Genzwürker.